Zitate aus unseren Büchern...

"Wenn wir die Neuevangelisierung ernst nehmen, müssen wir den Sakramenten der Beichte und der Eucharistie wieder ihren gottgewollten Platz im christlichen Leben zurückgeben"
(Hw. Dr. Adolf Fugel, in: Glaubenskurs Beichte und Eucharistie, BENEDETTO VERLAG)

Sonntag, 22. April 2012

Übersetzungen im "Deutschen Messbuch". (1) Der "Römische Kanon"


          Wandlungsworte im Wandel

  1. Teil: „Deutsches Messbuch“ oder „Römisches Messbuch in deutscher Sprache“?
In einem ersten Schritt, unter dem Titel „Wandlungsworte im Wandel“, wurde der Versuch unternommen, das seit 1974 approbierte Deutsche Messbuch mit dem Missale Romanum des sel. Papstes Johannes XXIII. zu vergleichen. Ich ging davon aus, dass beide Messbücher im Ganzen wie auch in den Einzelteilen Gültigkeit besitzen. Ferner wurde am Schluss für zwei gleichberechtigt nebeneinander stehende römisch-katholische Mess-Riten plädiert, was ein „Verbot“ des einen und eine „Ungültigkeit“ des anderen von vornherein ausschliesst.
Es sei noch der Hinweis vorausgeschickt, dass jüngere Priester mit wenigen Ausnahmen noch nie nach der Editio typica des Neuen Messordo in lateinischer Sprache die hl. Messe zelebriert haben und somit kaum zu einem tieferen Vergleich angeregt wurden.

Konkreten Anlass zu den folgenden Überlegungen gab die in Bearbeitung befindliche deutsche Übersetzung der Editio typica Missalis Romani 2000. Wenn man das Latein in der katholischen Kirche – leider - nicht mehr richtig beherrscht, soll hier trotzdem ein Ausrufezeichen dahingehend gesetzt werden, nicht erneut alles völlig unbesehen unbesehen zu übernehmen!

Neuschöpfung oder Übersetzung?

Dass Worte verschieden interpretiert werden können, ist nichts Neues! Bei einer wortgetreuen Übersetzung der lateinischen Originalausgabe („Editio typica“) hingegen dürfte der Rahmen der möglichen Interpretationen einerseits sehr eingeschränkt sein, andererseits würde der „Originalton“ des Messbuchs – gültig für die ganze katholische Kirche – auf die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche weltweit ausstrahlen. Nicht „neue biblisch-wissenschaftliche Erkenntnisse“ (die jederzeit durch neue Forschungen überholt werden kann) betrachten wir als massgeblich, in die heilige Liturgie aufgenommenen zu werden, sondern einzig und allein das, was übersetzt werden musste, und das ist die lateinische „Editio typica“! Ein Abweichen davon hat sicher nicht viel mit „Gültigkeit“ zu tun, sondern eher mit den aus dem Abweichen folgenden Interpretationen.

In seiner Erklärung zur Instruktion „Redemptionis sacramentum“ sagt Bischof Gerhard Ludwig Müller, Regensburg, in diesem Zusammenhang treffend: Betrachtet man hingegen die nun mehr als 40 Jahre andauernde Rezeptionsgeschichte, so bietet sich dem Betrachter ein eher diffuses Bild unterschiedlicher liturgietheoretischer Ansätze, die scheinbar den wesentlichen Kern der Liturgie verschüttet haben. Hierbei spielen persönliche pastorale Anschauungen eine Rolle, die sich dem Text der Konstitution mit den entsprechenden subjektiven Vorgaben nähern und ihn gleichsam als Legitimationssteinbruch verwenden. Dem grundsätzlichen Anliegen der Konstitution wird dies nicht gerecht. Besonders verhängnisvoll sind die Folgeerscheinungen: Liturgie wird durch den Verzicht auf übergeordnete normgebende Instanzen zum Spielball persönlicher Vorlieben der für die Liturgie Verantwortlichen und zugleich deren Phantasie unterworfen. Die vorliegende Instruktion der Gottesdienstkongregation versteht sich hingegen als eine Rückführung der Liturgie und ihres äußeren Vollzugs auf die Übereinstimmung mit ihrem sakramentalen Wesen“. (kath.net, 22.11.2005)

Um diesem Bischofswort gerecht zu werden, beschränken wir uns heute auf die Editiop typica des „Missale Romanum“, und hier speziell auf die erste Ausgabe des neuen  „Ordo Missae“ nach dem II. Vatikanum, herausgegeben von der Typis Polyglottis Vaticanis, promulgiert durch die Apostolische Konstitution  von Papst Paul VI. „Missale Romanum“ vom 3. April 1969 und dem Dekret der Ritenkongregation vom 6. April 1969 „Ordine Missae“.  Die Angabe: „Ordo Missae (OM)“ bezieht sich im Folgenden auf dieses Werk. Das Missale Romanum des sel. Papstes Johannes XXIII. ziehen wir heute in unsere Überlegungen nicht mit ein.
Obwohl es auch an anderen Stellen der deutschen Übersetzung eine Anzahl von Abweichungen gibt, benützen wir für den hier angestellten Text-Vergleich beispielhaft nur einige Stellen des ersten Hochgebetes des OM und des Deutschen Messbuchs.

Einige Beispiele

Diese „verhängnisvollen Folgeerscheinungen“, von denen der Bischof spricht, sind unserer Meinung nach die Frucht jener Saat, die sich von allem Anfang an Abweichungen vom Originaltext der Editio typica erlaubte und somit weiteren „Neuerungen und Interpretationen“ Tür und Tor öffnete. Dabei geht es sicher nicht nur um die Worte „Alle“  oder „Viele“ bei der hl. Wandlung, sondern auch um andere Übersetzungsstellen im aktuellen „Deutschen Messbuch“.  Zur Klarstellung noch einmal: Es geht nicht um die Gültigkeit -  sondern um das, was übersetzt hätte werden sollen!


Im OMRDO MISSAE                                                Im „Deutsches Messbuch“ so übersetzt:

a) „Te igitur“





… Dominum nostrum, supplices rogamus ac petimus, ut accepta habeas et benedicas +haec dona, haec munera, haec sancta sacrificia illibata,

Nimm diese heiligen, makellosen Opfergaben an und segne sie.

 
Die verkürzte Wiedergabe ist offensichtlich

  
b)    „Commemoratio pro vivis“








… pro se suisque omnibus; pro spe salutis et incolumitatis suae: tibique reddunt vota sua aeterno Deo, vivo et vero.




… für sich und für alle, die ihnen verbunden sind, für ihre Erlösung und für ihre Hoffnung auf das unverlierbare Heil. Vor dich, den ewigen, lebendigen und wahren Gott, bringen sie ihre Gebete und Gaben.

 

Würde es in der Übersetzung heissen: „Für ihre unverlierbare Hoffnung“ auf das ewige Heil, könnte man den Text „durchgehen“ lassen. Doch schon die Hoffnung ist verlierbar! Gäbe es ansonsten Atheisten? Gäbe es Menschen, die zwar gerne an eine Seelenwanderung, an eine Reinkarnation glauben, denn an das eine ewige Heil? Die Aussage einer „Hoffnung auf das unverlierbare Heil“ widerspricht eindeutig katholischer Lehre! Von dieser Sinngebung her könnte man auch die Einführung der Wandlungsworte „für Alle“ zu interpretieren beginnen, wobei „für alle“ eher dem Kalvinisch-reformierten Grundsatz der Prädestination denn jenem der Erlösung entspricht. Allerdings heisst es im Latein : „PRO MULTIS“
Gehen wir erst von einer Theorie des „unverlierbaren Heils“ aus, müssten wir die ganze Lehre der Kirche über Sünde, Sühneopfer Jesu, Nachlass der Sünden in der hl. Beichte, ja sogar die Hölle und das Jenseits vergessen! Das Heil ist eben nicht „unverlierbar“! Hingegen die Hoffnung auf das ewige Heil sollte uns nicht abhanden kommen!

Die Universalität der für uns dargebrachten stellvertretenden Genugtuung Christi in Verkündigung und im Kreuzesopfer ist nur auf die objektive Erlösung zu beziehen. Demnach hat Christus für alle Menschen, ohne Ausnahme, hinreichend Sühne geleistet. Die subjektive Aneignung der Erlösungsfrüchte – und darin besteht unser persönlicher Anteil an der vollkommenen Erlösung durch Christus – ist jedoch von der Erfüllung bestimmter Bedingungen abhängig, so: Vom Glauben (Mk 16,16): „Wer glaubt und sich taufen lässt, wird gerettet werden; wer aber nicht glaubt, wird verdammt werden“; von der Beobachtung der Gebote Gottes (Hebr 5,9): „Und so vollendet, ward er allen, die ihm gehorchen, Urheber ewiger Erlösung“.

Das Konzil von Trient sagt über die einzig mögliche Rechtfertigung für das ewige Heil folgendes aus: „Die heiligmachende Gnade macht den Gerechten [„Gerecht“: in Verbindung mit der Sündenfreiheit nach der hl. Beichte]  zu einem Kind Gottes und verleiht ihm ein Anrecht auf das Erbe des Himmels. (Dogma de fide).
Von einem „unverlierbaren Heil“ gerade bei der unblutigen Erneuerung des Kreuzesopfers Christi zu sprechen, scheint immerhin mehr als gewagt!











c)     „Quam oblationem“


















    Quam oblationem tu, Deus, in omnibus, quaesumus, benedictam, adscriptam, ratam, rationabilem, acceptabilemque facere digneris: ut nobis Corpus er Sanquis fiat dilectissimi Filii tui, Domini nostri Jesu ChrisNOM:                         

 Schenke, o Gott, diesen Gaben Segen in Fülle und nimm sie zu eigen an. Mache sie uns zum wahren Opfer im Geiste, das dir wohlgefällt: zum Leib und Blut deines geliebten Sohnes, unseres Herrn Jesus  Christus.                                                                  

                                                                                                                                              







Bei der Übertragung ins Deutsche ist hier ein Element hinzugekommen, das es so im Originaltext des OM nicht gibt: Das „wahre Opfer“, das dem Herrn wohlgefällt, wird hier zu einem „Opfer im Geiste“. Dass es sich hier nicht um den Heiligen Geist, die Dritte Göttliche Person, handelt, sonst müsste es der Klarheit wegen nicht „im Geiste“, sondern „im Heiligen Geiste“ heissen, lässt die Frage offen, in „welchem Geiste“ das „wahre Opfer“ dargebracht werden soll, damit es „für uns“ („ut nobis fiat“ – genau diese Worte aber fehlen!) zum Leib und Blut Jesu Christi werde?
„Mache sie uns“, bezieht sich auf die Gaben, die Gott aufgeopfert werden, während im Originaltext das „für uns“ auf den Leib und das Blut Christi hinweisen. Dasselbe? Bei oberflächlichem Hinsehen ja! Aber nur so!  Die verkürzte Aussage, dass „es zum Leib und Blut“ werde unter Weglassung des im Lateinischen Text vorhandenen „für uns“ wird in diesem Zusammenhang dem Sinn der realen Erneuerung des Opfertodes Christi in der Feier des hl. Messopfers nicht vollumfänglich gerecht. Als gesicherte Lehrmeinung gilt, dass der Sinn für das „Leib-und-Blut-Werden“ im hl. Messopfer in der Vereinigung mit Christus besteht, eben: „für uns“, wobei wir lediglich die Gaben darbringen. Die Hauptfrucht der Gesaltenwandlung liegt demnach in der zum Seelenheil notwendigen Empfang der hl. Eucharistie, ist sie doch die innigste Vereinigung des Empfängers mit Christus: „Für die Erwachsenen ist der Empfang der Eucharistie mit der Notwendigkeit des Gebotes (necessitate praecepti) zum Heile notwendig!“ (sent. serta / sichere Lehrmeinung der Kirche!)
Christus selbst hat diese innige Gemeinschaft mit ihm gewollt, die zum Vorbild die Einheit des Sohnes mit dem Vater hat: „Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der bleibt in mir und ich bleibe in ihm“ (Joh 6,56).
So „unwesentlich“ scheint mir diese Weglassung dann doch auch nicht!


d) „Qui, pridie“







… et elevatis oculis in coelum, ad te Deum Patrem suum omnipotentem, tibi gratias agens benedixit, fregit, deditque discipulis suis, dicens: …




… erhob die Augen zum Himmel, zu dir, seinem Vater, dem allmächtigen Gott, sagte dir Lob und Dank, brach das Brot, reichte es seinen Jüngern und sprach: …

 





Im Originaltext des OM heisst es: „Dir danksagend segnete er es…“. In der deutschen Übersetzung sind hier eher zwei von einander getrennte Momente auszumachen: Die „Lob- und Danksagung“ und das anschliessende Brotbrechen. Im lateinischen Original zählen die Wörter „segnen, brechen und austeilen“ zur Danksagung. Die Sinnentstellung dieses Textes besteht nun genau in dieser Trennung beider Tätigkeiten Jesu, der, nach dem OM, „gratias agens benedixit, fregit et dedit“ – Gott dankend segnete, brach und gab... Nicht nur, dass die „Segnung“ keine Erwähnung im deutschen Text findet, vielmehr ist der Grund, wofür Jesus Gott dankte, nicht mehr ersichtlich. Warum hat Jesus „seine  Augen zu seinem Vater, dem allmächtigen Gott,“ erhoben? Das erhellt aus seinen eigenen Worten vor diesem heiligen Geschehen: „Gar sehnlich habe ich danach verlangt, dieses Opfermahl mit euch zu essen, bevor ich leide!“ (Lk 22,15). „Als er hinausgegangen war, sagte Jesus: Jetzt ist der Menschensohn verherrlicht, und Gott ist in ihm verherrlicht. Wenn Gott in ihm verherrlicht ist, so wird Gott auch ihn in sich verherrlichen“ (Joh 13,31f).
Natürlich ist der deutsche Text biblisch korrekt. Bei Lk heisst es (22,19): „Alsdann nahm er Brot, dankte, brach es, gab es ihnen…“.  

Darum zum wiederholten Male die Frage nach dem, was übersetzt hätte werden sollte?  Es wären noch viele ähnlich gravierende Übersetzungen des „Deutschen Messbuchs“ aufzuzeigen. Bei allen aber geht es nicht in erster Linie um eine „Textinterpretation“, sondern vielmehr um eine Glaubensinterpretation!

Sicherlich kamen hier keine weltbewegenden – gar „Ungültigkeit“ mit sich ziehende Befunde zur Sprache.
Aber: Übersetzung oder Neuschöpfung im „Deutschen Missale“ – das ist die hier aufgeworfene Frage!
Oder sind es doch „Kleinigkeiten“, um mit den Worten von Bischof G.L. Müller zu enden, von „unterschiedlichen liturgietheoretischen Ansätzen, die scheinbar den wesentlichen Kern der Liturgie verschüttet haben?“.

Nun steht eine neue Übersetzung der liturgischen Bücher bevor. Die genauen Angaben, nach welchen diese Übersetzung zu erarbeiten ist, kann nachgelesen werden in der durch Papst Johannes Paul II. approbierten „Instruktion“  der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung über den „Gebrauch der Volkssprachen bei der Herausgabe der Bücher der römischen Liturgie“ („Instructio quinta“ , Fünfte Instruktion „zur ordnungsgemäßen Ausführung der Konstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils über die heilige Liturgie". Rom 2001).

Dr. theol. Adolf Fugel

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