Zitate aus unseren Büchern...

"Wenn wir die Neuevangelisierung ernst nehmen, müssen wir den Sakramenten der Beichte und der Eucharistie wieder ihren gottgewollten Platz im christlichen Leben zurückgeben"
(Hw. Dr. Adolf Fugel, in: Glaubenskurs Beichte und Eucharistie, BENEDETTO VERLAG)

Donnerstag, 29. März 2012

Grundzüge der atheistischen Gesellschaft


Grundzüge der atheistischen Gesellschaft in einer

postkommunistischen Analyse  festgehalten

1. Ist der Atheismus überwunden?

Um es  gleich  vorweg  zu  nehmen:  Die kommunististische Gesell-
schaft,  oder jene, die sich als das ausgaben, hat ihren Namen zu
Unrecht  getragen!  Vergleicht man die vita  communis  der ersten
Christen -  sie wurde durch den Glauben an den einen  Herrn Jesus
Christus geprägt -,  ist unschwer erkennbar,  dass sie die ersten
"Kommune-Bewohner"  waren. So lesen wir in Apg 2,42f.: "Die Chri-
sten verharrten in der Lehre der Apostel und  in der brüderlichen
Gemeinschaft,  im Brotbrechen und in den Gebeten. Alle Gläubigge-
wordenen aber hatten  alles miteinander  gemeinsam. Sie verkauften
ihren Besitz,  ihre Habe und  verteilten sie an alle,  je nachdem
einer bedürftig war."  Beim Lesen dieser Stelle muss  man zwangs-
läufig an den Kommunismus  denken. Auch hier "verharrten" die An-
hänger  "in der  Lehre"  ihrer  "Apostel"  (Marx,  Lenin, Stalin,
Mao,  um  nur die profiliertesten  dieses  "Apostelkollegiums" zu
erwähnen) und in einer spezifischen Gemeinschaft, deren Ideologie
auf  dem (Glaubens)Bekenntnis des  Atheimus (Gott-Losigkeit) auf-
ruhte.  Nur  in  minimalster Weise bezog man sich  auf  ein Wirt-
schaftssystem.  Kommunismus  verstand sich immer in  erster Linie
als Religion,  die  mit dem Anspruch der Ausschliesslichkeit auf-
trat,  bereit, wie im Bauernkrieg nach der Reformation, dem ande-
ren  beim kleinsten  Widerstand den Schädel  zu zertrümmern. Ver-
gleicht  man in diesem Sinne   den Kommunismus  mit der "Kommune"
(Gemeinschaft)  der nachapostolischen Zeit,  sind  die Parallelen
nur rein äusserlicher Natur.
Darum lautet heute die so aktuelle Frage: Ist nur der Kommunismus
allein,  oder  ist mit ihm auch  der Atheismus  überwunden? Doch,
kann man beides  voneinander trennen?  War  nicht  im Kommunismus
gerade der Atheismus die staatstragende  Religion,  der alle Reli-
gionen  weichen sollten?  Die "Gläubiggewordenen"  im Kommunismus
wurden kurzerhand  zu "Höriggewordenen",  denen jede "brüderliche
Gemeinschaft"  abging.  Hingegen die "Gläubiggewordenen" der Apo-
stel folgten der Lehre Christi, der allein von sich sagen konnte:
"Ich bin  der Weg, die Wahrheit und das Leben!"

2. Atheismus - der Glaube ohne Gott

Was Religion ist, das wissen wir ja alle: Religere = (lat). rück-
binden.  Sich rückbinden lassen.  Freiwillig angebunden sein. An
etwas.  An jemanden.  An Normen. An Schranken. Eine schrankenlose
Freiheit  kennt  die  "Rückbindung-Religio"   nicht!  Garantierte
Freiheit kann es nur in  Schranken geben.  Diesem philosophischen
Prinzip ist die Religion genau so wie jede Ideologie unterworfen.
Jede Ideologie muss,  wie  auch die Religio,  von jedem einzelnen
Menschen  in  Freiheit  bejaht  werden.  Eine Ideologie,  die die
natürlichsten  Schranken   durchbricht  -   jene  Schranken,  die
Allgemeingut  des  Menschen  sind:   Gottesglaube,  Sittlichkeit,
ewiges Leben -,  verfällt in den Trancezustand der  Hetze und der
Ablehnung,  der Verfolgung des anderen und  der totalen negativen
Einstellung, Verneinung des Lebens.

2.1. Kommunistische Ideologie und die prozessweise Entwicklung
Wir sagten schon,  dass Atheismus und Kommunismus sich gegenseitig
bedingen;  eins kommt ohne das andere nicht aus; schlägt das eine
erst  einmal durch,  zieht es das andere  bedingungslos mit sich.
Diese Erkenntnis bezieht sich in erster Linie auf den  Atheismus -
wie dann  die Ideologie heisst,  die  von  ihm  nachgezogen wird,
spielt  dabei keine Rolle.  Und dies sind die  Wesensmerkmale der
kommunistischen Ideologie:  Es tritt eine Partei an, die Gott ab-
schafft und dafür einen Gottesstaat,  eine  Theokratie  ohne Gott
installiert. Kommunismus ist fortan der einzige Weg für die Wahr-
heitsfindung,  das einzige tragende Element,  die Staatsreligion.
Der  Kommunismus kennt keine Horizonte,  die  er  erreichen will.
Vielmehr wird  das sogenannte  "prozessweise  Vorgehen"  zur Norm
gemacht,  das  heisst:  Ohne bestimmtes Ziel vor Augen,  wird von
Fall zu  Fall entschieden.  Da das Gesamtkonzept fehlt,  wird man
sich mit den Fragmenten begnügen.  Haben kommunistische Vordenker
erst  eine Staatsmacht  in Händen,  werden sie alles daransetzen,
die eben erwähnten Wesensmerkmale in das alltägliche Leben einzu-
schleusen.  Dies ist leicht  möglich,  denn die "Proletarier", in
deren Namen sie zu regieren vorgeben,  sind durch Zwang  und Ein-
schüchterung, durch Lächerlichmachen und durch das Hinstellen als
die ewige Gestrigen ihrer  Opposition  beraubt  und  schauen mut-
und lustlos dem Treiben jener zu,  die schon lange nicht mehr den
Kontakt mit dem Volk pflegen, geschweige denn suchen. Das Kreisen
um die eigene Ideologie  und die totale  Kontaktlosigkeit mit der
Basis  lässt sie langsam aber  sicher  zu  Diktatoren werden, die
sich zwar noch  auf die ursprünglichen  "Apostel" berufen, selbst
aber keine Ahnung von deren Schrifttum und  Gedankenwelt mehr ha-
ben.  (Leider können ähnliche Tendenzen der Beeinflussung des Ge-
wissens modernistischer Kreise zur Zeit auch in der  Kirche beob-
achtet  werden;  das  "prozessweise Vorgehen"  wird heute  in der
Kirche schon offen propagiert!  Das dies ein Irrweg  ist in einer
Kirche, die an feste Lehrsätze gebunden ist,
leuchtet  jedem Menschen,  mit der  Ausnahme modernistischer Kir-
chenzerstörer, sofort ein.) Wir erinnern hier an die von den ver-
schiedensten "Staatschefs" gebrauchte Theorie des "Sozialismus im
eigenen Lande",  womit  man alle  Abartigkeiten und  jeden Terror
gegen die Menschlichkeit rechtfertigen konnte.

Die Geschichte des Kommunismus von Marx  bis Gorbatschow  ist be-
kannt.  Dennoch ist es wertvoll, jetzt, da viele meinen, der Kom-
munismus sei überwunden, eine Analyse der Lehren dieser menschen-
verachtenden Ideologie zu  machen.  Damit sich solch  ein Irrsinn
nicht wieder etablieren kann, müssen die Prinzipien, auf denen er
aufgabaut war, offengelegt werden. Es ist zu befürchten, dass die
eine oder  andere  Sicht der Dinge in  den  verschiedensten, wenn
auch abgewandelten Formen, von neuem ihr Haupt erheben.

2.2. Zwei atheistische Stufen

Nach  der  Lehre  des  Marxismus-Leninimus  macht  die sogenannte
"nachrevolutionäre Gesellschaft"  (Marx und Lenin standen seiner-
Zeit noch  vor  "ihrer" Revolution) eine zweistufige Entwicklung
durch.  Die  erste Phase  ist  "sozialistisch";  die  zweite, die
"kommunistische",  erwächst aus der sozialistischen Agitation von
selbst heraus.
In der ersten Phase  werden die Produktionsmittel  in das "Allge-
meingut"  überführt  und die Menschen  im  Gewissen befreit. Wenn
bisher klerikale Vorstellungen von Sünde,  Gott  und Erlösung das
Gewissen belasteten,  so wird,  im real existierenden Sozialismus
das Gewissen von Sünde  und Gott "befreit".  Diese "Befreiung des
Gewissens  vom   Mystizismus"   (so  hiess   der   Gottglaube  im
Kommunismus)  konnte freilich auch durch  Gewaltandrohung seitens
der  alleinherrschenden  Partei  erreicht  werden.  Wollte jemand
sich diese "Befreiung"  nicht angedeihen lassen, also kein "neuer
sozialistischer  Mensch"  sein,  wurde er  als geistesgestört be-
trachtet.  Die was der Anfang der  Einweisungen in psychaitrische
Kliniken von überzeugten Christen,  die es eher  vorzogen, gefol-
tert,  als ihrem Gott  untreu  zu  werden.  In der zweiten Phase,
dem real existierenden Kommunismus sollte dann die formalrechtli-
che Güterverteilung zugunsten einer freien und  vollständigen Be-
dürfnisbefriedigung  aufgegeben werden.  Wie sehr der Kommunismus
mit seinem Prinzip der "prozessweisen  Entwicklung"  diesem Grun-
datz nicht entsprach bzw.  gar nicht entsprechen konnte,  da eine
"prozessweise  Entwicklung"  die  Möglichkeit  eines angestrebten
Zieles gar nicht zulässt,  mit der kommunistischen Gesellschaft -
dem  zweiten Schritt -  jedoch eine solche postuliert  wurde, was
wiederum die ganze  kommunistische  Ideologie,  und  mit  ihr das
Wirtschaftssystem  und das  Staatswesen,  in  dauernde Gegensätze
verstrickte,  wurde erst richtig klar,  als die erschreckende Not
der Völker nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion  und  der ange-
gliederten Satelliten-Diktaturen offenbar wurde. Es zeigte sich in
der Tat,  wie sehr  die Planer dieses irdischen  Paradieses nicht
nur an Gott,  sondern an der Realität menschlichen Zusammenlebens
vorbeiredeten.

Die hochtrabenden Prognosen von Marx &  Co erwiesen sich als Irr-
tümer, die in einer beispiellosen, noch nie in der Geschichte der
Menschheit dagewesenen katastrophalen  Niederlage  und im totalen
Zusammenbruch des Systems endeten.  Die Aufgabe  aller Demokraten
ist  nun  darauf  viel  Aufmerksamkeit  zu  verwenden,  dass  die
Ideologie,  losgelöst von einem Schreckenssystem, nicht von neuem
ihr Haupt erhebt, sei es in staatlichen oder in kirchlichen Frei-
räumen!  Sie würde erneut,  durch viel Blut und Tränen Unschuldiger,  nach viel Elend und Leid  in  dieselbe Katastrophg führen.
Alle Welt muss sich zum Grundsatz machen,  um jeden Preis den An-
fängen einer solchen Ideologie zu  wehren,  ganz gleich,  wo sich
ihre Sporen zeigen sollten.

3. Wie ist Atheismus möglich geworden?

Eine zeitlang schien es so,  als sei der Atheimus eine Weltmacht.
Für jeden an Gott glaubenden Menschen war dies  ein Ärgernis und
ein Schmerz zugleich. Aber auch ein grosses Rätsel. Man wird sich
heute, nachdem das tragende System des Atheismus zusammengebrochen
ist, die Frage ernsthaft stellen müssen: Wie ist Atheismus möglich
geworden?


Mutter  Teresa wird die Aussage zugesprochen:  Ich  will die Men-
schen für Christus  gewinnen,  nicht zwingen!  Glaube an Gott ist
möglich,  aber er kann nicht erzwungen werden.  Er ist und bleibt
immer Gnade.  Immer wird Gott es sein,  der den ersten Schritt zu
uns tut. Aber immer, und ich betone: immer, muss der Mensch seine
persönliche Antwort  auf das Entgegenkommen  Gottes geben. Bleibt
unsere Antwort aus,  entsteht  ein Vakuum:  im Auseinanderklaffen
von Gottes Entgegenkommen und dem Ausbleiben unserer Antwort eta-
bliert sich der A-Theismus (Gott-Losigkeit). Baut man nun in die-
ses Vakuum eine Ideologie ein, wird daraus eine Gesellschaftsordnung entstehen,  die Gott nicht kennt,  ihn verdrängt und ihn den Untertanen verbietet.
Auf der einen Seite steht also Gott,  der allein die Wahrheit ist
und uns nicht zwingen will, uns aber in Jesus Christus sein Ange-
bot mmachte,  auf der anderen eine aus dem  erwähnten Vakuum entstandene Ideologie,  die die Frage nach der Wahrheit  sich selbst
nicht stellt  und den Mitmenschen die  Antwort   schuldig bleibt;
die zwangsläufige Verstrickung in Schuld und Lüge ist vorprogram-
miert.
Ein weiterer  Aspekt  darf hier nicht unerwähnt  bleiben: Glauben
kann man  nur in einer  völligen persönlichen Entscheidungsfrei-
heit. Dies bezieht sich auf den Glauben an Gott genau so, wie auf
den Glauben,  den eine  gott-lose Ideologie von  ihren Untertanen
beansprucht.  Gibt  eine  Ideologie ihren  Anhängern  den nötigen
Freiraum,  dann werden sie ihr folgen. Wird der Freiraum der per-
sönlichen  Entscheidung  genommen,  dann werden die Menschen zwar
vor Furcht erzittern,  katzbuckelnd den Machthabern  folgen - sie
werden sich aber nie von ihr überzeugen lassen und im Innern eine
dauernde Abneigung entwickeln.  So kann   heute  in einer Analyse
über die letzten Jahrzehnte  kommunistischer Schreckensherrschaft
gesagt werden,  dass diese Ideologie keine richtigen Ideologen im
Stile Marx' mehr hatte. Freilich gab es sie - die Eintagsfliegen,
die sich im Boxring  für Leichtgewichter   gegenüber einer in die
Zuschauerränge  getriebene  Masse  höriggewordener  Menschen, die
auf  Befehl  applaudieren  und  auf  Befehl  Sprüche muskelmatter
Ringkämpfer brüllend wiederholen, Gehör verschafften. Über sie zu
reden ist jedoch verlorene Zeit.  Da lobe ich mir doch eher jene,
die   in  offener   Opposition  gegen   die   Meister  verlogener
Losungen und   verblendeter Kaderfunktionäre alles  wagten - auch
ihr  Leben!  Hier  zeigte sich,  dass Überzeugung,  Freiheit, der
Glaube  an  Gott  Werte sind,  die auch mit  den ausgefallendsten
Foltermethoden nicht zu  unterdrücken  sind.  Dass der  Glaube an
Gott  dem Menschen  so  natürlich  ist  wie  das  Gehen  auf zwei
Beinen,  hat sich in den Kreisen dieser  Kaderschmiede noch nicht
umhergesprochen.  Oder doch? Hat man nicht Gott durch den Glauben
an den Sozialismus ersetzen wollen..?  Der atheistische Kommunis-
mus  war unfähig,    den  Menschen  einen  Freiraum zuzugestehen,
schon  ob  des Widerspruchs der  obenerwähnten prozessweisen Ent-
wicklung,  einer Missgeburt menschlichen Denkens,  die es den je-
weiligen  Ideologen,   die  gerade  Macht  ausübten, ermöglichte,
ziellos persönliche Herrschaftsansprüche zu befriedigen.  An kein
transzendentales  Wesen,  an  Gott,  gebunden,  setzten  sie ihre
eigenen,  oft naiven,  Einsichten zum  Massstab  des  Denkens und
Handelns. 
Die  Transzendenz Gottes aber,  die Tatsache,  dass er alles Wis-
sbare und Bestimmbare überschreitet, dass er das grosse Geheimnis
ist,  diese Tatsache muss in kritische Konkurrenz treten  mit den
sonstigen,  wissbaren weltimmanenten  Erfahrungen.  Fehlt nun dem
Menschen  die  persönliche  Entscheidungsfreiheit   zwischen  dem
Transzendentalen und dem  Erfahrbaren  zu  wählen,  treibt dieser
kritische  Widerspruch  dazu,  das  allwissende,  transzendentale
und darum auch geheimnisvolle Wesen zu verdrängen,  oder, wie ich
in der Befreiung vom Gewissen  higewiesen  habe,  sich  dessen zu
entledigen.

4.  Spannungsfeld: Totale kommunistische Gesellschaft und Christentum

Wir könnten von Glück reden,  dass die  totale kommunistische Ge-
sellschaft nie und  nirgends installiert wurde,  wüsste man nicht
heute,   nach diesem  qualvollen Experiment mit und  an Menschen,
nur eine Utopie war und aus Gründen der inneren  Widersprüchlich-
keiten gar nicht installierbar war.  Aus den Lehren der Vordenker
dieser  Ideologie lässt sich  jedoch die  folgende Definition der
totalen kommunistischen Gesellschaft ableiten:
Die  kommunistische Gesellschaft ist klassenlos  und atheistisch.
Privates Eigentum  und Kapital gibt  es  nicht.  Alles gehört der
ganzen Gesellschaft.  Unter der Fürhung  der kommunistischen Par-
tei,  der einzigen legalen politischen Kraft,  arbeiten alle Men-
schen  für das Gemeinwohl.  Der Einzelne mit  seinen persönlichen
Wünschen,  bis  hin  zu  den  familiären  Bindungen  von  Eltern-
Kind-Ehegatte,  hat sich dieser Gesellschaft so einzuordnen, dass
er in ihr ganz untergeht."

4.1. Fragen an die Kirche des Westens

Angesichts der  Tatsache,  dass das Gedankengut des atheistischen
Kommunismus in der  säkularisierten Welt des  Westens, also jener
Welt,  die von der Geisel  dieser  menschenverachtenden real exi-
stierenden Ideologie nicht betroffen war,  Eingang  finden könnte
-  die  grösste Sorge aller Demokraten  -,  soll an dieser Stelle
ein Fragenkomplex aus der russisch-sowjetischen Untergrundschrift
Samizdat  (Samizdat,  Chronik eines neuen Lebens  in der Sowjetu-
nion,  in: pro fratribus, Koblenz 1977) aufgeführt werden, um den
Ernst jener Welt besser zu  begreifen,  der der real existierende
Attheismus aufgezwungen wurde.
"Ist es möglich", frägt Samizdat, "dass das Christentum im geisti-
gen  Leben  die  Initiative  verloren  hat?  Heute  kommt  die a-
religiöse Welt mit ihren ethischen Reaktionen in den meisten Fäl-
len den Kirchen zuvor.  Die Vertreter der  einzelnen Konfessionen
treffen sich", den von den westlichen Demokratien gewährten Frei-
raum ausnützend, "nach wie vor; sie halten Vorträge ab und machen
diplomatische Reisen". Wie vor dem Erscheinen des aktiven Atehis-
mus leben  sie in einer  nach innen gekehrten  Welt der theoreti-
schen  Probleme  und  erhoffen  sich  davon  eine  Einheit. "Aber
selbst wenn eines Tages diese diplomatische  Einheit Wirklichkeit
würde,  so  wird  sie  dennoch  nichts  anderes  sein,  als  eine
politische Fiktion und ebenso fruchtlos wie die 'Freundschaft der
Völker',  deren Regierungen  sich erst gestern versöhnt  und gün-
stige Handelsvereinbarungen abgeschlossen haben. Aber nicht diese
Einheit brauchen  die Christen.  Stehen sie tatsächlich  noch mit
Christus in  Verbindung und  bilden sie Seinen Leib,  nachdem sie
die Bereitschaft  zum Zeugnis über  das Böse und  über das Leiden
verloren haben? Ist nicht in diesem Falle die sittliche Grundlage
des Evangeliums jene elementare Voraussetzung, ohne die eine ech-
te christliche Einheit nicht möglich ist?".
Diese Sätze sind dem Aufschrei jener entsprungen, die gänzlich um
ihren perslönlichen Freiheitsraum gebracht wurden  um im gleichen
Zuge einer totalen  atheistischen  Weltanschauung  unterworfen zu
werden.  Ist nicht heute mehr denn je  eine Tendenz zu verspüren,
in welcher das Böse als solchens aus unserem Leben verdrängt wer-
den soll?  Lebt der Westen nicht auch heute noch -  heute, wo wir
das Aussmass der seelischen Zerstörung des Kommunismus  offen se-
hen -,  in einem nie dagewesenen Unschuldswahn,  als gäbe  es die
Schuld des Atheismus nicht?  Ist nicht eine immer stärkere Abkehr
von Gott und - wohin sonst? - zum Atheismus hin spürbar? Was hal-
ten wir eigentlich noch vom sündhaften Versagen vor Gott? Konzen-
triert sich nicht unser  Versagen -  so berechtigt, notwendig und
dringend es auch sei -, nicht ausschliesslich auf materielle Wer-
te,  auf Welt  und Umwelt,  auf Mensch und Natur?  Schliessen wir
nicht zu leichtfertig den Schöpfer der Natur aus unseren Massnah-
men für die  Rettung der Natur aus?  Liegt darin der  Grund, dass
wir mit  der Natur nicht richtig umzugehen wissen,  weil  wir den
Schöpfer ausgeschlossen haben?
Das Christentum,  der Glaube an den einen Gott,  den Schöpfer des
Himmels und der Erde,  ist die einzige Alternative zum Atheismus
und zu seiner schlimmsten Erscheinungsform, dem real existieren-
den Sozialismus bzw.  Kommunismus,  obwohl letztere nie real exi-
stierte,  sondern als Utopie in blauen Wolken  schwebte. Freilich
hat der Atheismus viele  Gesichter,  die hier nur erwähnt werden
sollen, um nicht der Einseitigkeit zu verfallen, wie: Fanatismus,
Indifferentismus, Neuheidentum, New-Age, Modernismus und derglei-
chen.

Die Zeichen der Zeit,  den Atheismus, zu erkennen und zu verbannen
ist nicht nur Aufgabe der Kirche als solcher,  sondern jedes ein-
zelne Christen. Tun wir dies nicht, machen wir uns mitschuldig am
Werk des "Menschenmörders  von Anbeginn"  (Joh 8,44)  und bringen
uns selbst um  unsere eigene Zukunft und um  die  unserer Kinder.
Die Zukunft wird unter zwei Vorzeichen stehen:
- die Entscheidung für die persönliche Freiheit unter den Voraus-
setzungen des einzig offenbarten Glaubens an  Gott, des Christen-
tums, oder
- die Entscheidung für den Zwang des Atheismus gegen alle persön-
liche Freiheit.

4.2. Typikum europäischer Kultur

Um die letztgenannten Sätze zu  unterstreichen,  werfen wir einen
kurzen Blick auf die europäische Kultur.  Bekanntlich ist diese ja
vom Christentum gefördert und geformt worden.  Bei genauerem Hin-
sehen darf als Spezifikum europäischer Kultur ein  dreifaches an-
tikes Erbe gelten:  das griechische Denken,  der offenbarte Chri-
stenglauben und das römische Recht.  Das römische Recht aber fand
seine historisch wirksame Formulierung im  Hellenismus. So blei-
ben die eigentlichen grossen Geschenke der Griechen und der Juden
an die Menschheit diese beiden:
-  die griechische Philosophie, das heisst die Unterscheidung von
Wahr und Falsch und
- die jüdische Unterscheidung von Gut und Böse.
Die daraus resultierende europäische Kultur  ist die  typisch un-
terschiedende zwischen Ja und  Nein.  Mit anderen Worten: Die Un-
terscheidung zwischen Gut und Böse,  zwischen Wahr und Falsch ist
das hervorragendste Typikum europäischer Kultur.
Die Wichtigkeit dieser Erkenntnis  kommt im  Folgenden zu tragen.
Beide  Eckwerte haben beim Europäer,  seien sie  von der griechi-
schen  Philosophie,  von der römischen Kultur oder von  der jüdi-
schen  Unterscheidung her gesehen,  einen religiösen Hintergrund.
Davon ausgehend muss  die Frage formuliert werden - wollen wir zu
einer richtigen Entscheidung vorstossen -,   nach den die Voraus-
setzungen   und  Zielen europäischer Willensbildung.  Dabei setze
ich voraus,  dass Entscheidungen ja nur dort getroffen werden, wo
eine  vorhergehende Willensbildung  stattgefunden  hat.  Ist dies
nicht der Fall, spricht man von einer Diktatur. In logischer Kon-
sequenz  müssen  wir uns daher mit den  Voraussetzungen  für eine
Enstcheidung zwischen persönlicher Freiheit und  Zwang beschäfti-
gen.
Die  inneren Voraussetzungen können  wir sehr  leicht  an der Ge-
schichte Europas ablesen.  Der Reichtum  Europas,  wie  einst der
Reichtum der alten Griechen oder Römer, ist die Vielfalt in Frei-
heit.  Wo diese Veilfalt fehlt, entsteht Unterdrückung. Viele ma-
chen es sich heute sehr  einfach,  wenn sie sagen: Unser Reichtum
ist auf die Ausbeutung der Dritten Welt  zurückzuführen,  so sehr
dies streckenweise auch  gar nicht fasch  sein  mag.  Die Aussage
deckt jedoch nicht die ganze Realität.  Wäre dem so,  dann müsste
die ehemalige Sowjetunion das  reichste Land der Erde  sein, denn
an Ausbeutung  der Satellitenstädten  fehlte  es  warhlich nicht.
Aber es fehlte die freie Vielfalt!

4.3. Die ehemaligen Supermächte

Schliesslich sei noch im Zusammenhang unserer postkommunistischen
Analye ein notwendiger  Blick auf die ehemaligen  sogenannten Su-
permächte geworfen.
Beide Nationen sind geprägt durch Expansion, durch die geschicht-
liche Besiedlung eines  - nach europäischen Begriffen unendlichen
Raumes.  Beide  Ideologien  sind massgeblich  geprägt durch teils
gemeinsame, teils verschiedene Ereignis:
- die Verwurzelung im europäischen Typikum,
-  der Gedanke der ersten  Menschenrechtserklärungen von  1776 in
den USA und
- die Entstehung des Kommunismus 1917.
Tief verschieden  ist allerdings beider aussen-  und innenpoliti-
sche Einwirkung dieser Ereignisse auf den jeweilig Betroffenen.

Die Russen  sind ein europäisches Volk mit einem gewaltigen Sied-
lungsgebiet und wohl auch Herrschaftsgebiet in Asien. Es ist aber
ein Volk von Ackerbauern,  das im Westen begrenzt  wird von einer
überlegenen Zivilisation und im  Osten  von Nomaden auf schnellen
Pferden.  So konnten sie nur bestehen,  wenn sie sowohl dem einen
als auch dem anderen militärisch überlegen waren. Daher ist mili-
tärische Überrüstung russische Tradition,  von den Zaren begonnen
und  ohne  Abstriche  von  den  Kremlherren  der  untergegangenen
Sowjetmacht  übernommen.  Die Abrüstungsvorschläge zu  Zeiten der
Sowjetmacht  müssen  daher unter diesen  Aspekten gesehen werden,
denn nie wurde abgerüstet.  Die Gespräche dienten bloss  der Ver-
hinderung,  die angehäuften Waffen auch zu gebrauchen, das heisst
der  Besänftigung  sowjetischer  Ängste vor  der anderen Supenmmacht.  Das nicht abgerüstet,  sonder immer neue Waffensysteme in
derselben  Zeit  erfunden  wurden,  weiss  heute  jedermann.  Die
politisch-geschichtliche Grunderfahrung der Russen ist  Druck und
Gegendruck der Macht,  denn innenpolitisch hat Russland die demo-
kratische  Freiheit,  als  einzige europäische Nation,  in deiner
Geschichte noch nie gekannt.

Nordamerika  wurde,  nicht ohne das Gewehr, erobert und besiedelt
von  Europäern,  die dort ihre Freiheit  suchten. Die Unabhängig-
keitserklärung von 1776  spricht drei  unveräusserliche Menschen-
rechte aus:  Das Recht auf Leben,  auf Freiheit  und  auf Streben
nach Glück.  Die Siedler in  den USA wollten  keinen  Anteil mehr
haben  an  den verwerflichen  Machtkämpfen  europäischer Fürsten,
Könige,  Kaiser  und Potentaten.  Das war  auch das ursprüngliche
aussenpolitische Pathos der Vereinigten Saaten,  ermöglicht durch
die Isolation  zwischen  zwei  Ozeanen.  Die  freie  Vielfalt war
durch die Erklärung  gewährt.  So konnte die persönliche Freiheit
heranwachsen und  Amerika zu dem  werden lassen,  was es heute an
Wirtschaftsmacht zu bieten hat.
Die Selbstzerfleischung Europas in den zwei zurückliegenden Welt-
kriegen des ausgehenden Jahrhunderts nötigte die USA in die Rolle
der politischen Weltmacht.

Damit wären die philosophischen  Hintergründe  aufgezeigt, welche
zu berücksichtigen sind, wenn wir von einer freien personalen Ent-
scheidung zwischen  Freiheit und  Zwang reden.  Wer sich die Mühe
macht,  die Verzahnung mit der heutigen Situation  in Kirche und
Welt zu verstehen, dem wird die Wahl bzw. das Verständnis laufen-
der Entwicklungen leichter gemacht. (af)

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