Wandlungsworte
im Wandel
- Teil: „Deutsches
Messbuch“ oder „Römisches Messbuch in deutscher Sprache“?
In einem ersten Schritt,
unter dem Titel „Wandlungsworte
im Wandel“, wurde der Versuch
unternommen, das seit 1974 approbierte Deutsche Messbuch mit dem Missale
Romanum des sel. Papstes Johannes XXIII. zu vergleichen. Ich ging davon aus,
dass beide Messbücher im Ganzen wie auch in den Einzelteilen Gültigkeit
besitzen. Ferner wurde am Schluss für zwei gleichberechtigt nebeneinander
stehende römisch-katholische Mess-Riten plädiert, was ein „Verbot“ des einen
und eine „Ungültigkeit“ des anderen von vornherein ausschliesst.
Es sei noch der Hinweis
vorausgeschickt, dass jüngere Priester mit wenigen Ausnahmen noch nie nach der
Editio typica des Neuen Messordo in lateinischer Sprache die hl. Messe
zelebriert haben und somit kaum zu einem tieferen Vergleich angeregt wurden.
Konkreten Anlass zu den
folgenden Überlegungen gab die in Bearbeitung befindliche deutsche Übersetzung
der Editio typica Missalis Romani 2000. Wenn man das Latein in der katholischen
Kirche – leider - nicht mehr richtig beherrscht, soll hier trotzdem ein
Ausrufezeichen dahingehend gesetzt werden, nicht erneut alles völlig unbesehen unbesehen
zu übernehmen!
Neuschöpfung oder
Übersetzung?
Dass
Worte verschieden interpretiert werden können, ist nichts Neues! Bei einer
wortgetreuen Übersetzung der lateinischen Originalausgabe („Editio typica“)
hingegen dürfte der Rahmen der möglichen Interpretationen einerseits sehr
eingeschränkt sein, andererseits würde der „Originalton“ des Messbuchs – gültig
für die ganze katholische Kirche – auf die eine, heilige, katholische und
apostolische Kirche weltweit ausstrahlen. Nicht „neue
biblisch-wissenschaftliche Erkenntnisse“ (die jederzeit durch neue Forschungen
überholt werden kann) betrachten wir als massgeblich, in die heilige Liturgie
aufgenommenen zu werden, sondern einzig und allein das, was übersetzt werden musste,
und das ist die lateinische „Editio typica“! Ein Abweichen davon hat sicher
nicht viel mit „Gültigkeit“ zu tun, sondern eher mit den aus dem Abweichen
folgenden Interpretationen.
In
seiner Erklärung zur Instruktion „Redemptionis sacramentum“ sagt Bischof
Gerhard Ludwig Müller, Regensburg, in diesem Zusammenhang treffend: „Betrachtet man
hingegen die nun mehr als 40 Jahre andauernde Rezeptionsgeschichte, so bietet
sich dem Betrachter ein eher diffuses Bild unterschiedlicher
liturgietheoretischer Ansätze, die scheinbar den wesentlichen Kern der Liturgie
verschüttet haben. Hierbei spielen persönliche pastorale Anschauungen eine
Rolle, die sich dem Text der Konstitution mit den entsprechenden subjektiven
Vorgaben nähern und ihn gleichsam als Legitimationssteinbruch verwenden. Dem
grundsätzlichen Anliegen der Konstitution wird dies nicht gerecht. Besonders
verhängnisvoll sind die Folgeerscheinungen: Liturgie wird durch den Verzicht
auf übergeordnete normgebende Instanzen zum Spielball persönlicher Vorlieben
der für die Liturgie Verantwortlichen und zugleich deren Phantasie unterworfen.
Die vorliegende Instruktion der Gottesdienstkongregation versteht sich hingegen
als eine Rückführung der Liturgie und ihres äußeren Vollzugs auf die Übereinstimmung
mit ihrem sakramentalen Wesen“. (kath.net, 22.11.2005)
Um diesem Bischofswort gerecht zu werden, beschränken wir uns
heute auf die Editiop typica des „Missale Romanum“, und hier speziell auf die
erste Ausgabe des neuen „Ordo Missae“
nach dem II. Vatikanum, herausgegeben von der Typis Polyglottis Vaticanis,
promulgiert durch die Apostolische Konstitution
von Papst Paul VI. „Missale Romanum“ vom 3. April 1969 und dem Dekret
der Ritenkongregation vom 6. April 1969 „Ordine Missae“. Die Angabe: „Ordo Missae (OM)“ bezieht sich im
Folgenden auf dieses Werk. Das Missale Romanum des sel. Papstes Johannes XXIII.
ziehen wir heute in unsere Überlegungen nicht mit ein.
Obwohl es auch an anderen Stellen der deutschen Übersetzung eine
Anzahl von Abweichungen gibt, benützen wir für den hier angestellten Text-Vergleich
beispielhaft nur einige Stellen des ersten Hochgebetes des OM und des Deutschen
Messbuchs.
Einige
Beispiele
Diese
„verhängnisvollen Folgeerscheinungen“,
von denen der Bischof spricht, sind unserer Meinung nach die Frucht jener Saat,
die sich von allem Anfang an Abweichungen vom Originaltext der Editio typica erlaubte
und somit weiteren „Neuerungen und Interpretationen“ Tür und Tor öffnete. Dabei
geht es sicher nicht nur um die Worte „Alle“
oder „Viele“ bei der hl. Wandlung, sondern auch um andere Übersetzungsstellen
im aktuellen „Deutschen Messbuch“. Zur
Klarstellung noch einmal: Es geht nicht um die Gültigkeit - sondern
um das, was übersetzt hätte werden sollen!
Im OMRDO MISSAE Im „Deutsches Messbuch“ so übersetzt:
a) „Te igitur“
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… Dominum
nostrum, supplices rogamus ac petimus, ut accepta habeas et benedicas +haec dona, haec munera, haec sancta
sacrificia illibata,
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Nimm diese heiligen, makellosen Opfergaben an und segne sie.
Die verkürzte
Wiedergabe ist offensichtlich
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b)
„Commemoratio
pro vivis“
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… pro se suisque
omnibus; pro spe salutis et incolumitatis suae: tibique reddunt vota sua
aeterno Deo, vivo et vero.
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… für sich und für alle, die ihnen verbunden sind, für ihre
Erlösung und für ihre Hoffnung auf das
unverlierbare Heil. Vor dich, den ewigen, lebendigen und wahren Gott,
bringen sie ihre Gebete und Gaben.
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Würde
es in der Übersetzung heissen: „Für ihre
unverlierbare Hoffnung“ auf das ewige Heil,
könnte man den Text „durchgehen“ lassen. Doch schon die Hoffnung ist verlierbar!
Gäbe es ansonsten Atheisten? Gäbe es Menschen, die zwar gerne an eine
Seelenwanderung, an eine Reinkarnation glauben, denn an das eine ewige Heil? Die
Aussage einer „Hoffnung auf das
unverlierbare Heil“ widerspricht eindeutig katholischer Lehre! Von dieser
Sinngebung her könnte man auch die Einführung der Wandlungsworte „für Alle“ zu interpretieren
beginnen, wobei „für alle“ eher dem Kalvinisch-reformierten Grundsatz der
Prädestination denn jenem der Erlösung entspricht. Allerdings heisst es im
Latein : „PRO MULTIS“
Gehen
wir erst von einer Theorie des „unverlierbaren Heils“ aus, müssten wir die
ganze Lehre der Kirche über Sünde, Sühneopfer Jesu, Nachlass der Sünden in der
hl. Beichte, ja sogar die Hölle und das Jenseits vergessen! Das Heil ist eben
nicht „unverlierbar“! Hingegen die Hoffnung auf das ewige Heil sollte uns nicht
abhanden kommen!
Die
Universalität der für uns dargebrachten stellvertretenden Genugtuung Christi in
Verkündigung und im Kreuzesopfer ist nur auf die objektive Erlösung zu
beziehen. Demnach hat Christus für alle Menschen, ohne Ausnahme, hinreichend
Sühne geleistet. Die subjektive Aneignung der Erlösungsfrüchte – und darin
besteht unser persönlicher Anteil an der vollkommenen Erlösung durch Christus –
ist jedoch von der Erfüllung bestimmter Bedingungen abhängig, so: Vom Glauben
(Mk 16,16): „Wer glaubt und sich taufen lässt, wird gerettet werden; wer aber
nicht glaubt, wird verdammt werden“; von der Beobachtung der Gebote Gottes
(Hebr 5,9): „Und so vollendet, ward er allen, die ihm gehorchen, Urheber ewiger
Erlösung“.
Das
Konzil von Trient sagt über die einzig mögliche Rechtfertigung für das ewige
Heil folgendes aus: „Die heiligmachende Gnade macht den Gerechten [„Gerecht“: in Verbindung mit der
Sündenfreiheit nach der hl. Beichte]
zu einem Kind Gottes und verleiht ihm ein Anrecht auf das Erbe des
Himmels. (Dogma de fide).
Von
einem „unverlierbaren Heil“ gerade bei der unblutigen Erneuerung des Kreuzesopfers
Christi zu sprechen, scheint immerhin mehr als gewagt!
c)
„Quam
oblationem“
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Quam oblationem tu, Deus, in omnibus, quaesumus,
benedictam, adscriptam, ratam, rationabilem, acceptabilemque facere digneris:
ut nobis Corpus er Sanquis fiat dilectissimi Filii tui, Domini nostri Jesu
ChrisNOM:
Schenke, o Gott, diesen Gaben Segen in Fülle und nimm sie zu
eigen an. Mache sie uns zum wahren Opfer im Geiste, das dir wohlgefällt: zum
Leib und Blut deines geliebten Sohnes, unseres Herrn Jesus Christus.
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Bei
der Übertragung ins Deutsche ist hier ein Element hinzugekommen, das es so im
Originaltext des OM nicht gibt: Das „wahre Opfer“, das dem Herrn wohlgefällt,
wird hier zu einem „Opfer im Geiste“. Dass es sich hier nicht um den Heiligen
Geist, die Dritte Göttliche Person, handelt, sonst müsste es der Klarheit wegen
nicht „im Geiste“, sondern „im Heiligen Geiste“ heissen, lässt die Frage offen,
in „welchem Geiste“ das „wahre Opfer“ dargebracht werden soll, damit es „für
uns“ („ut nobis fiat“ – genau diese Worte aber fehlen!) zum Leib und Blut Jesu
Christi werde?
„Mache
sie uns“, bezieht sich auf die Gaben, die Gott aufgeopfert werden, während im
Originaltext das „für uns“ auf den Leib und das Blut Christi hinweisen.
Dasselbe? Bei oberflächlichem Hinsehen ja! Aber nur so! Die verkürzte Aussage, dass „es zum Leib und
Blut“ werde unter Weglassung des im Lateinischen Text vorhandenen „für uns“
wird in diesem Zusammenhang dem Sinn der realen Erneuerung des Opfertodes
Christi in der Feier des hl. Messopfers nicht vollumfänglich gerecht. Als
gesicherte Lehrmeinung gilt, dass der Sinn für das „Leib-und-Blut-Werden“ im
hl. Messopfer in der Vereinigung mit Christus besteht, eben: „für uns“, wobei
wir lediglich die Gaben darbringen. Die Hauptfrucht der Gesaltenwandlung liegt
demnach in der zum Seelenheil notwendigen Empfang der hl. Eucharistie, ist sie
doch die innigste Vereinigung des Empfängers mit Christus: „Für die Erwachsenen
ist der Empfang der Eucharistie mit der Notwendigkeit des Gebotes (necessitate
praecepti) zum Heile notwendig!“ (sent. serta / sichere Lehrmeinung der Kirche!)
Christus
selbst hat diese innige Gemeinschaft mit ihm gewollt, die zum Vorbild die
Einheit des Sohnes mit dem Vater hat: „Wer mein Fleisch isst und mein Blut
trinkt, der bleibt in mir und ich bleibe in ihm“ (Joh 6,56).
So
„unwesentlich“ scheint mir diese Weglassung dann doch auch nicht!
d) „Qui, pridie“
…
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… et
elevatis oculis in coelum, ad te Deum Patrem suum omnipotentem, tibi gratias agens
benedixit, fregit, deditque discipulis suis, dicens: …
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… erhob die Augen zum Himmel, zu dir, seinem Vater, dem
allmächtigen Gott, sagte dir Lob und Dank, brach das Brot, reichte es seinen
Jüngern und sprach: …
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Im
Originaltext des OM heisst es: „Dir danksagend segnete er es…“. In der deutschen
Übersetzung sind hier eher zwei von einander getrennte Momente auszumachen: Die
„Lob- und Danksagung“ und das anschliessende Brotbrechen. Im lateinischen
Original zählen die Wörter „segnen, brechen und austeilen“ zur Danksagung. Die
Sinnentstellung dieses Textes besteht nun genau in dieser Trennung beider Tätigkeiten
Jesu, der, nach dem OM, „gratias agens
benedixit, fregit et dedit“ – Gott dankend
segnete, brach und gab... Nicht nur,
dass die „Segnung“ keine Erwähnung im deutschen Text findet, vielmehr ist der Grund,
wofür Jesus Gott dankte, nicht mehr ersichtlich. Warum hat Jesus „seine Augen zu seinem Vater, dem allmächtigen
Gott,“ erhoben? Das erhellt aus seinen eigenen Worten vor diesem heiligen Geschehen: „Gar sehnlich habe ich danach
verlangt, dieses Opfermahl mit euch zu essen, bevor ich leide!“ (Lk 22,15).
„Als er hinausgegangen war, sagte Jesus: Jetzt ist der Menschensohn
verherrlicht, und Gott ist in ihm verherrlicht. Wenn Gott in ihm verherrlicht
ist, so wird Gott auch ihn in sich verherrlichen“ (Joh 13,31f).
Natürlich
ist der deutsche Text biblisch korrekt. Bei Lk heisst es (22,19): „Alsdann nahm
er Brot, dankte, brach es, gab es ihnen…“.
Darum
zum wiederholten Male die Frage nach dem, was übersetzt hätte werden sollte? Es wären noch viele ähnlich gravierende
Übersetzungen des „Deutschen Messbuchs“ aufzuzeigen. Bei allen aber geht es
nicht in erster Linie um eine „Textinterpretation“, sondern vielmehr um eine
Glaubensinterpretation!
Sicherlich
kamen hier keine weltbewegenden – gar „Ungültigkeit“ mit sich ziehende Befunde
zur Sprache.
Aber:
Übersetzung oder Neuschöpfung im „Deutschen Missale“ – das ist die hier
aufgeworfene Frage!
Oder
sind es doch „Kleinigkeiten“, um mit den Worten von Bischof G.L. Müller zu enden,
von „unterschiedlichen
liturgietheoretischen Ansätzen, die scheinbar den wesentlichen Kern der
Liturgie verschüttet haben?“.
Nun
steht eine neue Übersetzung der liturgischen Bücher bevor. Die genauen Angaben,
nach welchen diese Übersetzung zu erarbeiten ist, kann nachgelesen werden in
der durch Papst Johannes Paul II. approbierten „Instruktion“ der Kongregation für den Gottesdienst und die
Sakramentenordnung über den „Gebrauch der Volkssprachen bei der Herausgabe der
Bücher der römischen Liturgie“ („Instructio quinta“ , Fünfte Instruktion „zur
ordnungsgemäßen Ausführung der Konstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils
über die heilige Liturgie". Rom 2001).
Dr. theol. Adolf Fugel